Bain-Bundesliga-Benchmarking: Union Berlin, Dortmund und Köln jagen die Bayern
Bain-Bundesliga-Benchmarking: Union Berlin, Dortmund und Köln jagen die Bayern
Im Profifußball dreht sich alles um den sportlichen Erfolg. Doch mittlerweile müssen sich die Vereine auch an ihrer wirtschaftlichen Performance messen lassen. Eine Analyse der wichtigsten Werthebel zeigt, wie effektiv die Erstligisten der Saison 2021/2022 wirtschaften und wo Potenziale brachliegen.
Von Walter Sinn, Philip Dowling, Lukas Richau, und Denis Ellenrieder
18. November 2022
Min. Lesezeit
Brief
Bain-Bundesliga-Benchmarking: Union Berlin, Dortmund und Köln jagen die Bayern
de
Auf einen Blick
Bayern München nutzt seine wirtschaftlichen Ressourcen am effektivsten, es folgen Union Berlin, Dortmund und Köln
Veränderte Rahmenbedingungen erfordern Weiterentwicklung des Geschäftsmodells von digitalen Technologien bis hin zum Wettbewerb um Sponsorengelder
Im Benchmarking werden Kaderwertmanagement, Sponsoring, Merchandising, Ticketing, Markenpositionierung und Fanmobilisierung analysiert
Im Zentrum des Interesses im Profisport steht Woche für Woche der sportliche Erfolg. Auf Dauer benötigen siegreiche Teams aber auch eine gesunde wirtschaftliche Basis. Genau diese ist erstmals mit dem Bain-Bundesliga-Benchmarking analysiert worden – und zwar für die 18 Erstligisten der Saison 2021/2022. Über Monate hinweg wertete Bain Kennzahlen zu den wichtigsten Werthebeln im Profifußball aus, zu denen die Ticketverkäufe ebenso gehören wie das Merchandising und das Sponsoring. Im Ergebnis hat dies zu einem neuartigen Benchmarking in bewährter Tabellenform geführt. An der Spitze auch dieser Bundesliga-Tabelle steht Serienmeister Bayern München. Doch dahinter gibt es einige Überraschungen. Der wirtschaftliche Vizemeister kommt aus der Hauptstadt: Union Berlin. Und neben Borussia Dortmund schafft auch der 1. FC Köln den Sprung auf einen Champions-League-Platz. Die Domstädter nutzen ihre wirtschaftlichen Ressourcen effektiver als Klubs mit häufiger europäischer Präsenz wie RB Leipzig oder Bayer Leverkusen.
Snapchart
Bundesliga-Benchmarking Gesamtscore
Spitzenfußball geht in eine neue Ära
Dabei brauchen die Fußballvereine ein gutes Finanzpolster mehr denn je. Zum einen konkurrieren sie international mit finanzkräftigen Vereinen insbesondere aus der Premier League, in der unverändert hohe Ablösesummen und Gehälter gezahlt werden. Zum anderen steht das gesamte Profigeschäft vor einem tiefgreifenden Umbruch. Eingeläutet wird eine neue Ära, wofür folgende Trends ausschlaggebend sind:
Fußball im Livestream. Lange war die Stadionberichterstattung eine Domäne der Free- und Pay-TV-Anbieter. Doch immer mehr Zuschauerinnen und Zuschauer nutzen Streamingplattformen, um live oder zeitversetzt Spiele ihres Teams zu verfolgen. Neue Modelle der Rechtevermarktung, aber auch innovative Ansätze für das Marketing und die Präsentation der Inhalte sind gefragt.
Fans immer dabei. Mit dieser Plattformvielfalt rückt die eigene Anhängerschaft noch stärker in den Mittelpunkt aller Überlegungen. Die Vereine sind gefordert, in der digitalen Welt neue Interaktionsmöglichkeiten zu schaffen. Durch das Metaverse und web3 gibt es zusätzliche Optionen. Sie erleichtern personalisierte Fanerlebnisse und verlängern die Wertschöpfungskette in Richtung virtuelle Welt.
Harter Wettbewerb um Sportinteressierte. Eine engere Bindung der Fanbasisgemeinde wird umso wichtiger, da international beliebte Sportarten in den deutschen Markt drängen. So richtet die NFL ab dem Jahr 2022 auch Spiele in Deutschland aus und hat dazu einen neuen Medienrechtevertrag abgeschlossen, um die Reichweite zu vergrößern. Darüber hinaus ziehen eSports und künftig auch VR/Drone Sports die internetaffinen Generationen Y und Z in ihren Bann
Zunehmende Konkurrenz um Investorengelder. Mit eigenen eSports-Teams versuchen einige Vereine bereits, diese neuen Märkte zu besetzen und damit auch ihre Attraktivität für Kapitalgeber zu erhöhen. Die Investorenlandschaft selbst befindet sich im Umbruch. Das Geschäft mit den Profisportarten professionalisiert und internationalisiert sich immer weiter. Auch in Deutschland halten Investoren vereinzelt schon Anteile an Profiklubs. Aktuell setzt die DFL hier mit ihrer 50+1-Regel aber noch Grenzen.
Sponsoring 2.0. Auch beim Umgang mit Sponsoren bricht ein neues Zeitalter an. Je vielfältiger die Medienlandschaft wird, desto komplexer wird die Aussteuerung des klassischen Reichweitensponsorings. Neuartige Rechte- und messbare Sponsoringmodelle werden die konventionellen Ansätze ergänzen und auf Dauer ersetzen. Zur Reichweitensteuerung kann beispielsweise auch die dosierte Kooperation mit Influencern beitragen.
On-Pitch- und Off-Pitch-Technologien. Die neue Medienvielfalt ist nur eine Vorbotin einer weitreichenden technologischen Revolution. Viele Vereine sind innovativ und experimentieren bereits auf (On-Pitch) und neben dem Platz (Off-Pitch). Dazu zählen das datengetriebene Scouting, aber auch Gedankenspiele für Auftritte im Metaverse.
Angesichts dieser tiefgreifenden Veränderungen ist es für die Klubs wichtiger denn je, die eigenen wirtschaftlichen Ressourcen möglichst effektiv einzusetzen und das vorhandene Potenzial optimal auszuschöpfen. Wie gut den Vereinen dies gelingt, hat Bain nun erstmals mit seinem Bundesliga-Benchmarking untersucht. Anhand ausgewählter Kennzahlen wird die relative Performance der 18 Bundesligisten der Saison 2021/2022 entlang der für das Profigeschäft entscheidenden Werthebel Kaderwertmanagement, Sponsoring, Merchandising, Stadion & Ticketing, Markenpositionierung und Fan-Mobilisierung analysiert. Daraus ergibt sich ein Benchmarking, wie in der Tabelle dargestellt ist.
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Die wichtigsten Werthebel für den sportlichen Erfolg auf einen Blick
An der Spitze dieser Tabelle rangiert Serienmeister Bayern München, das Schlusslicht ist Greuther Fürth. Auf den Plätzen ergibt sich dagegen ein anderes Bild als in der sportlichen Abschlusstabelle 2021/2022. Zu den Bayern-Verfolgern zählen neben Borussia Dortmund auch Union Berlin und der 1. FC Köln. Beiden Vereinen gelingt in der Wirtschaftstabelle der Sprung auf einen Champions-League-Rang. Die tatsächlichen Champions-League-Teilnehmer Eintracht Frankfurt, RB Leipzig und Bayer Leverkusen reihen sich dahinter ein. Insbesondere bei den Klubs in der zweiten Tabellenhälfte liegt viel Potenzial brach. Das gilt unter anderem für Hertha BSC, die TSG Hoffenheim und den VfB Stuttgart.
Größerer Spielraum für langfristige Investitionen
Je effektiver die Vereine wirtschaften, desto besser sind mittel- und langfristig die Chancen auf sportlichen Erfolg. Erfolge auf dem Platz wiederum eröffnen zusätzliche Möglichkeiten, weitere Fans und Mitglieder zu gewinnen und damit eine noch solidere wirtschaftliche Basis zu schaffen. Dies gilt aktuell vor allem für Eintracht Frankfurt und der SC Freiburg.
Noch schöpft kein Bundesligist sein wirtschaftliches Potenzial optimal aus. Selbst ökonomische Giganten wie Bayern München können ihre Ressourcen noch effektiver einsetzen. Gelingt ihnen das, verschaffen sie sich einen noch größeren Spielraum, um langfristig in diejenigen Trends investieren zu können, die die Zukunft des Profifußballs prägen werden.